made with antville Die Gedanken der Marie K.: 2006-06-11
Sonntag, 11. Juni 2006
Rilke: Ausschnitt aus einem Brief an Kappus
[...]die Angst vor dem Unaufklärbaren hat nicht allein das Dasein des einzelnen ärmer gemacht, auch die Beziehungen von Mensch zu Mensch sind durch sie beschränkt, gleichsam aus dem Flußbett unendlicher Möglichkeiten herausgehoben worden auf eine brache Uferstelle, der nichts geschieht. Denn es ist nicht die Trägheit allein, welche macht, daß die menschlichen Verhältnisse sich so unsäglich eintönig und unerneut von Fall zu Fall wiederholen, es ist die Scheu vor irgendeinem neuen, nicht absehbaren Erlebnis, dem man sich nicht gewachsen glaubt.
Aber nur wer auf alles gefaßt ist, wer nichts, auch das Rätselhafteste nicht, ausschließt, wird die Beziehung zu einem andren als etwas Lebendiges leben und wird selbst sein eigenes Dasein ausschöpfen. Denn wie wir dieses Dasein des einzelnen als einen größeren oder kleineren Raum denken, so zeigt sich, daß die meisten nur eine Ecke ihres Raumes kennen lernen, einen Fensterplatz, einen Streifen, auf dem sie auf und nieder gehen. [...]

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Eli, Eli, lama asabtani?
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? [Mt 27, 46] - Laut Matthäus soll Jesus das am Kreuz geschrien haben. Realtiv heftige Aussage vom Gläubigsten aller Gläubigen. Dieser Beitrag beschäftigt sich also nochmals mit dem Thema Glauben - wie ich feststelle ein Thema, über das man endlos schreiben kann.
Doch mir geht es nicht speziell um Jesus, sondern um diesen Satz und das Verlieren von Gott, besser des eigenen Glaubens eines Individuums. Ich beginne mit einer weiteren Definition (laut wikipedia)

"Glauben - Das Wort „glauben“ ist die Übersetzung des griechischen „pisteuein“ mit vergleichbarem Wortsinn. Im Judentum dagegen wird meist die Vokabel „aman“ verwendet: Sich an etwas festmachen. Ursprünglich gemeint war also nicht das unbestimmte „ich weiß nicht“, sondern im Gegenteil: „ich verlasse mich auf, ich binde meine Existenz an“. Es geht also zentral nicht um einen Gegenpol zum Wissen, sondern um Vertrauen, Gehorsam und Lebensübergabe."

(http://de.wikipedia.org/wiki/Glauben#Bedeutung_im_Christentum)

Verliert (in dem Fall) ein Christ seinen Glauben an Gott, so kann er diesem Gott nicht mehr vertrauen, ihm kein Gehorsam schenken und ihm sein Leben nicht weiter in die Hände legen. "Gut", werden sich dabei einige Menschen denken. "Hört sich an wie ein aufgeklärter Mensch der für sein Leben selbst Verantwortung übernimmt, als es einem Gott in die Schuhe zu schieben." Das stimmt. Aber ein gläubiger Mensch ist nicht gleichzeitig ein Mensch der Verantwortung vor sich her schiebt, oder meint dass schon alles von alleine /von Gott geregelt wird. Sicher gibt es Menschen die ihren Glauben in dieser Art benutzen, genau so wie es Fanatiker gibt, genau so wie Doppelmoral gelebt wird, genau so wie es immer Menschen gibt und geben wird die irgendwie was falsch verstehen. Natürlich ist es jedem überlassen das zu glauben was man möchte und den eigenen Glauben zu praktizieren wie man es möchte (na ja, nicht überall... aber wir wollen das mal idealistisch sehen), nur schwingt nicht bei einem so verdammt zerbrechlichen und gleichzeitig explosiven Thema eine Verantwortung gegenüber seinen Mitmenschen mit, und zur heutigen Zeit nicht mehr denn je?

Ich empfinde meine Generation als sehr kritisch und sehr wahrheitsliebend. Das ist gut und das muss der richtige Weg sein sich mit dem Leben zu beschäftigen. Nur manchmal ist die Enttäuschung zu stark (ent-Täuschung) dass die geübte Kritik an Einseitigkeit gewinnt, und die Liebe zur Wahrheit ist zu fest als dass Vorstellung von dieser an Flexibilität zunehmen könnte. Und genau diese Punkte bringen so viel Konflikte, denn wie es die Zweifler gibt, so gibt es die Gläubigen die im anderen Extrem die Dinge auf die gleiche Art betrachten. Wohin uns das bringt haben wir in den letzten Jahren gesehen, und besser wird ja bekannter Weise nichts von alleine. Allerdings möchte ich mich davon abkapseln andere wegen ihres Glaubens oder Nichtglaubens zu verurteilen. Ich denke wir alle haben Gründe für unsere
Überzeugungen. Nur eben dort wo im Namen eines Glaubens oder eines Gotts Verbrechen ausgeübt wird, da ist die Schmerzgrenze überschritten.

Wieder zum Punkt Glauben verlieren. Ich nehme meine Wenigkeit mal als Beispiel. Als Kind war ich sehr gläubig. Kann mich daran erinnern dass ich in einer Kinderbibel (glaube ich war es) in einem Feld in dem man persönliche Daten ausfüllen sollte (Name, Wohnort, Alter) jeweils bei Vater und Mutter "Gott" geschrieben hatte *lol*. Als mir meine Mutter erklärt hat dass das nicht so gemeint war, war ich verärgert und bestand weiter darauf, dass Gott meine Mutter und mein Vater ist. Ich hatte also eine sehr unbekümmerte Art mit diesem Thema umzugehen, und möchte nicht behaupten dass es mir nicht gut getan hat. Nur mit dem Laufe der Zeit hat sich dieser Glaube verloren, oder besser gesagt verlagert. Gründe sind und waren Zunahme an naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und das Beobachten von anderen Gläubigen. Für mich wäre es auch heute auch noch möglich an Gott zu glauben, Jesus vielleicht nicht so zu sehen wie er in der Bibel dargestellt wird, aber ihn zumindest aus einem besonderen Blickwinkel zu betrachten, aber ich möchte mich schlichtweg nicht mehr zu einer Gruppe zählen die sich Christen nennt. Nicht alle sind gleich, aber in dem Fall reichen mir ein paar zu viele schwarze Schäfchen. Seit dieser Glaubensveränderung ziehe ich es vor mich nicht als gläubig, sondern als religiös zu beschreiben. Wiki definiert:

"Als Religion wird oftmals ein in größeren Bevölkerungsgruppen verankertes System von Vorstellungen über die Existenz von Gegebenheiten jenseits des sinnlich Erfahrbaren bezeichnet. Religiöse Menschen richten ihr Leben nach einem sinngebenden Ganzen." (http://de.wikipedia.org/wiki/Religion)

Das hört sich nämlich schon viel mehr nach etwas an das man sich hinkneten kann, wie es einem gerade in den Kram passt.

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